Westernreiten: Mehr als einfach nur Reiten
Wer bei den Begriffen Working Cowhorse, Cutting, Ranch Riding oder Ranch Trail glaubt, er sei im Wilden Westen liegt nicht ganz falsch. Es sind alles Disziplinen im Westernreiten. Die Asendorferin Lea Mikaelyan gehört zu den besten. Kürzlich gewann sie die Western-Horsemanship-Open. Eines von ganz wenigen Turnieren im Coronajahr 2020. „Ich hoffe, es wird im kommenden Jahr mehr Turniere geben“, sagte die Erzieherin. Bereits als Schülerin war sie erfolgreich. Mit zehn und elf Jahren war sie französische Meisterin. „Damals habe ich noch in Baden-Württemberg gewohnt“, sagt die Asendorferin als Erklärung. Ihr Beruf hat sie Jahre später nach Norddeutschland verschlagen. Ihre aktuell zwei Wettkampf-Pferde stehen in einem Stall in Marklohe.
Lea Mikaelyan reitet seitdem sie acht Jahre alt ist. „Damals habe ich einen Gutschein geschenkt bekommen“, sagt sie über ihre Anfänge. Nach dem ersten Betreten des Reitstalls war klar: das ist mein Hobby. Dann ging alles ziemlich schnell weiter. Nachdem Lea fast jedes Wochenende im Stall verbracht hatte, gab es ein Pflegepferd. Mit zwölf folgte das erste eigene Pferd, Nummer zwei und drei folgten zwei Jahre später. Als Teenager nahm sie sich dann eine Auszeit, aber der Kontakt zum Sport ging nie ganz verloren.
Nachdem das Berufs- und Privatleben gefestigt waren, verbrachte Lea Mikaelyan wieder mehr Zeit im Sattel und nimmt an Wettkämpfen teil. Dazu leitet sie noch einen Pensionsstall.
Westernreiten: 18 Disziplinen zur Auswahl
Das Turnier-Westernreiten wird in fünf Leistungsklassen unterteilt. In Klasse 1 reiten die Besten und in Klasse 5 die Einsteiger. Ab Klasse 3 spricht man vom guten Turniersport. Lea Mikaelyans höchster Start war in Klasse 2. „Jetzt habe ich eine Trainerlizenz und muss immer bei den Profis ran.“ Der Westernreitverband listet bis zu 18 Disziplinen auf. Der Unterschied zu anderen Pferdsportarten ist das Zusammenspiel von Pferd und Reiter. „Das Pferd ist nicht nur Sportgerät“, erklärt die 27-Jährige. Die Kunst des Westernreitens liegt im Optischen. Der Reiter soll gut aussehen. Meint: Es soll so aussehen, als wenn das Pferd alles alleine macht ohne Hilfe des Reiters. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Pferde möglichst eigenständig arbeiten und auf kleinste Gewichts- und Schenkelhilfen reagieren. Mikaelyan: „Die Pferde werden am langen Zügel den Wertungsrichtern vorgeführt. Es ist Impulsreiterei.“
Die Disziplinen erinnern dann doch an die Arbeit der Cowboys aus den Büchern. Der Verband EWU (Erste Westernreiter Union) listet zehn Disziplinen auf seiner Homepage. Nimmt man die nicht-offiziellen dazu, sind es sogar 18. Reining ist eine davon und wird gerne als „Männersport“ deklariert. „Es ist das klassisch-bekannte Westernreiten mit viel Action“, sagt Lea Mikaelyan. In Reining wird ein gut ausgebildetes Pferd verlangt. Es muss rasante Manöver wie Sliding Stops (gleitende Vollbremsung auf der Hinterhand aus dem vollen Galopp), Spins (schnelle 360-Grad-Drehungen) und Roll-Backs (180-Grad-Wendungen auf der Hinterhand) ausführen. Die Einzelteile der Reining sind Aufgaben, die das Pferd ursprünglich bei der Arbeit mit Rindern beherrschen musste.
Die Disziplin Cutting ist ein klassischer Zuschauermagnet. Der Reiter muss ein Rind aus einer Herde „herausschneiden“ (cutting) und es daran hindern, seinem natürlichen Herdentrieb folgend zum Rest der Herde zurückzukehren. „Alle Disziplinen sind tierschutzgerecht“, ergänzt die Westernreiter-Trainerin. Lea Mikaelyan startete im Herbst außerdem in den Disziplinen Western-Pleasure-Open und Ranch-Riding-Open. Im Western-Pleasure werden die drei Grundgangarten, die Bewegungsqualität und die Gesamterscheinung des Pferdes beurteilt. Wie der Name sagt: Es soll ein Vergnügen sein. Das Ziel der Disziplin Ranch Riding ist es, die Gebrauchsfähigkeit eines guten Ranch Pferdes zu zeigen. Es sollte sich in guter Vorwärtsbewegung einfach steuern und regulieren lassen. Hauptaugenmerk wird dabei auf Bewegungen, Haltung und Brauchbarkeit eines Arbeitspferdes gelegt.